Högis Cyberspace

Gerhard Höger-Hansens private Website

Während ich so beobachte, wie mein Umfeld und die restliche Welt - soweit ich das erschließen kann - auf die CoViD19-Pandemie reagiert, verdichtet sich mein Eindruck, dass wir als Gesellschaft entscheiden müssen, welche Maßstäbe zukünftig unser Verhalten bestimmen sollen.

In der Diskussion um Maßnahmen zu Eindämmung der Pandemie wird immer wieder auf den Schutz des Lebens als oberste Prämisse staatlichen Handelns verwiesen, dem alle anderen Belange unterzuordnen sind.

Schön, wenn das so ist, müssen wir uns ansehen, wodurch unser Leben denn noch so gefährdet ist. Es kann ja nicht sein, dass wir uns nur um CoViD19 Gedanken machen, oder?

Grippewellen

Grippewellen suchen unser Land, wie alle anderen auch, jährlich heim. Was als "Grippewelle" bezeichnet wird, ist nach Ansicht der meisten Mediziner eine Verbreitung komplexer Infektionen durch allerlei Viren und Bakterien, die während der kalten Jahreszeit die Menschen heimsuchen, weil

  • der Körper aufgrund des Mangels an Licht und Bewegung weniger widerstandsfähig ist,
  • wir uns mehr in geschlossenen Räumen mit schlechterer Belüftung aufhalten und,
  • möglicherweise auch psychosomatische Faktoren eine Rolle spielen

Wie viele Leben das jährlich kostet, schwankt von Jahr zu Jahr und ist sicher mit ähnlichen Unsicherheiten behaftet wie die Corona-Toten. Außerdem sind die Corona-Fälle bisher ihrem zeitlichen Verlauf nach Bestandteil dieses komplexen Infektionsgeschehens, das es seit Menschengedenken gibt und dem wir seit Jahrzehnten weitgehend tatenlos zusehen (mal abgesehen von der Grippeimpfung).

Sicher ist, dass die Zahlen zumindest für Deutschland im Schnitt über denen der diesjährigen Pandemie liegen. Wie sich die Wellen ausbreiten, kann man sehr schön mit der Euromomo-Grafik sehen: Einfach etwa auf der Mitte der Seite bei "Map of Z-Scores by country" mit der Maus dem Zeitbalken entlang fahren.

Wir können hier viele Menschenleben retten, wenn wir folgende Konsequenzen zu tragen bereit sind:

  • KEIN KARNEVAL MEHR. Karneval ist sicherlich einer der Hauptverteiler für Viren und Bakterien aller Art - ausgerechnet in der Winterzeit treffen sich Unmengen von Menschen in schlecht belüfteten Räumen und trinken bis zum Umfallen.
  • KEINE GROSSVERANSTALTUNGEN in eben dieser Zeit. Welch ein Wahnsinn, sich in dieser Zeit in irgendwelchen Stadien herumzutreiben!
  • ABSTANDSGEBOTE und MASKENPFLICHT in der gesamten Erkältungssaison
  • KEINE BESUCHE IN ALTERSHEIMEN in der gesamten Erkältungssaison, oder nur unter den derzeit üblichen Hygieneregeln (keine Berührung, Plexiglasscheibe, 3 m Abstand, Handschuhe usw - entscheide selbst, wie Du Dich als "Omma" hier fühlen würdest).

(Anmerkung: Ich habe nichts mit Karneval am Hut, bin kein Fußballfan und war noch nie im Stadion - für mich persönlich wären die beiden ersten Punkte also egal)

Möge sich jeder selbst überlegen, wie das unsere Gesellschaft verändert - sicher nicht nur zum Schlechteren, aber beklemmend ist es schon, oder?

Vielleicht sollten wir erst einmal versuchen, die einfachsten Hygieneregeln auf breiter Front anzuwenden? Vor allem in Schulen krankt es da, in dem Gymnasium, in dem unser Chor probt(e), habe ich noch nie Seife, geschweige denn Handtücher auf dem Klo vorgefunden! Und das ist eine Vorzeige-Lehranstalt.

MRSA

Multiresistente Keime sind seit vielen Jahren ein Problem.

Wenn man ein wenig in die Geschichte zurückschaut, stellt man fest, dass viele Menschen früher an irgendwelchen Infektionen gestorben sind. Durch die Erfindung der Antibiotika hat sich das vorübergehend stark gewandelt, so dass wir mittlerweile nicht mehr erwarten, an einer simplen Verletzung oder Erkältung sterben zu müssen.

Im Moment gibt es nicht wenige Stimmen, die vor einem Rückfall in das "vor-antibiotische Zeitalter" warnen, weil es nur eine Frage der Zeit ist, bis noch mehr gefährliche Keime Resistenzen gegen Antibiotika entwickeln, und seitens der Industrie wenig Interesse an der Entwicklung neuer Antibiotika besteht. Gleichzeitig fristen alternative Ansätze wie die Phagentherapie nach wie vor ein Nischendasein (ich vermute, es ist einfach nicht genug Geld damit zu machen).

Die Zahlenangaben, die man hierzu findet, sind dramatisch unterschiedlich - von 2.300 (https://www.aerztezeitung.de/Medizin/33000-Tote-pro-Jahr-durch-resistente-Keime-226155.html) bis zu abenteuerlichen Zahlen (https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/multiresistente-keime-mehr-tote-durch-keime-als-durch-krebs-a-1036778.html). Interessanterweise sieht das RKI hier die niedrigste kursierende Zahl als gegeben an, im Gegensatz zu Corona, wo es gar nicht schlimm genug sein kann.

Allerdings ist auch diese vom RKI bestätigte Zahl bereits knapp die Hälfte der bisher in Deutschland "im Zusammenhang mit CoViD-19" Gestorbenen - und die Tendenz dürfte steigend sein.

Ernährung

Laut einhelliger Meinung geht ein großer Teil der Zivilisationskrankheiten, welche unser Leben deutlich verkürzen dürften, auf eine falsche Ernährung zurück.

Dennoch gilt bei Verpflegung in Krankenhäusern, Schulen und Heimen fast immer das Diktat der Kostenminimierung - wir speisen unsere Jungen, Kranken und Alten buchstäblich mit billigem Fraß ab, zentral gekocht und stundenlang durch die Gegen gekarrt. Ausnahmen bestätigen hier leider nur die Regel.

Ich finde es faszinierend, mit welchem Elan im Zuge von Corona die Politik und die veröffentlichte Meinung plötzlich ihr Herz für eben diese Gruppen entdeckt, die das seit Jahren hinnehmen müssen. Vielleicht gibt es ja bald auch eine Impfung gegen schlechtes Essen, die wir mit Milliarden fördern dürfen? Ein paar mehr Köche und Qualitätsbewußtsein wären vielleicht unter Strich doch billiger.

Energieversorgung

Wir produzieren große Teile unserer Energie immer noch auf Kohlebasis, was ziemlich viele Schadstoffe mit sich bringt. Kein Mensch rechnet nach, wie viele vorzeitige Todesfälle das ergibt. Ich auch nicht.

Verkehr

Trotz gewaltiger Verbesserungen (wir hatten in den siebziger Jahren über 20.000 Verkehrstote) sterben noch über 3.000 Menschen jährlich im Straßenverkehr. Dazu kommt noch eine unbekannte Zahl von Menschen, die für den Rest ihres Lebens unter Folgeschäden zu leiden haben - und eben auch früher sterben werden, zumindest statistisch.

Trotz gegenteiliger Behauptungen scheint mir rein physikalisch (Impulssatz, dazu kommt noch die menschliche Komponente der Reaktionszeit) völlig klar, dass wir etliche dieser Todesfälle durch ein simples Tempolimit, wie alle Länder in Europa es haben, vermeiden könnten.

Als letztes Jahr wissenschaftlich ausgerechnet wurde, dass wir über 6.000 Todesfälle durch Dieselabgase erwarten müssen, hat das keinen interessiert - dabei war die Studie mindestens so glaubwürdig wie Statistica Magica.

Haushalt

Glaubt man diesem Spiegel-Artikel, so sterben jedes Jahr rund 10.000 Menschen im Haushalt.

Ich habe keine Ahnung, wie man diesem Massensterben Herr werden soll? Bis aus Kasernierung fällt mir da nicht viel ein - doch, vielleicht wäre ein wenig Vermittlung von Lebenspraxis in der Schule nicht schlecht.

Fazit

Bei allen aufgeführten Risiken bleibt festzuhalten, dass wir in Deutschland mit gut 80 Jahren eine ziemlich ordentliche Lebenserwartung haben. Andere Länder sind uns da teilweise überlegen, aber wie weit da statistische Feinheiten hinein spielen - egal, wir können ganz zufrieden sein.

Dasselbe gilt im Wesentlichen für alle Industrieländer.

Was wir also brauchen, ist eine unaufgeregte Diskussion über Grenzen und Möglichkeiten und vor allem auch Nebenwirkungen von Maßnahmen, welche unser Leben vielleicht noch ein bisschen sicherer und länger machen.

Es muss endlich darüber geredet werden, ob es sinnvoller ist, Geld in Krankenhaushygiene und Personal zu investieren oder Krebspatienten im Endstadium bis zur letzten Minute Chemotherapie zu verabreichen, um ein Beispiel zu nennen. Wir können nicht länger so tun, als spiele in Punkto Gesundheit Geld keine Rolle - dem ist nämlich noch nie so gewesen, man tut nur so. Also sollte man das auch offen benennen.

Da stimme ich Wolfgang Schäuble zu: Leben endlos verlängern können wir nicht, aber die Würde des Menschen muss unantastbar sein.